Prof. Tom Roeper

siehe auch University of Massachusetts

 

Tom Roeper und Anke Schulz in der Randowstraße vor dem Gedenkstein an das Außenlager des KZ Neuengamme

 

 

 

 

Tom Roeper, Urenkel Salomon Bondys, zu Besuch bei der virtuellen Luruper Geschichtswerkstatt

Wer heute die Luruper Nachrichten und das Luruper Wochenblatt liest, findet in den Anzeigen von Immobilien- und Versicherungsmaklern wie selbstverständlich die Namen Luruper Familien, die durch Immobilienhandel zu bescheidenem Wohlstand gekommen sind. Keine Hinweise aber finden sich auf den jüdische Grundbesitzer Salomon Bondy, der bis 1932 mit mindestens 50 ha ein bedeutender Grundbesitzer Lurups war, dem viele Arbeiter- und Handwerkerfamilien ihre Immobilien verdanken, die sie in kleinen Raten über viele Jahre abstottern durften. Salomon Bondy war wenig vermögend aus Böhmen nach Hamburg gekommen und konnte sich durch Kommissionsgeschäfte mit Mineralöl und Zucker emporarbeiten. Er war sehr an kulturellen Dingen interessiert. Seine Kinder waren fasziniert von den Reformbewegungen Anfang des 20. Jahrhunderts, von der Psychologie Freuds und der Reformpädagogik. Salomon Bondy starb kurz vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten.

Zur Erbengemeinschaft Salomon Bondys gehörten Max und Gertrud Bondy, die Begründer einer der ersten Reformschulen Deutschlands in Marienau nahe Lüneburg, Prof. Curt Bondy, nach 1949 Leiter der Fakultät für Psychologie in Hamburg, sowie Nelly Zadik, geb. Bondy, und ihr Ehemann, der Rechtsanwalt Manfred Zadik. Max und Gertrud Bondy durften nach dem Reichsbürgergesetz von 1935 ihre Schule in Lüneburg nicht mehr führen, die Behörden übergaben die Leitung einem systemtreuen Nationalsozialisten. Sie flohen 1936 erst in die Schweiz und dann in die USA. Curt Bondy überlebte Buchenwald, internationale Proteste bewirkten seine Freilassung. Er floh ebenfalls in die USA. Nelly und Manfred Zadik emigrierten über Frankreich und Guatemala ebenfalls in die USA. Die ca. 50 ha Immobilien vor allem in Lurup und Eidelstedt vergaben die nationalsozialistischen Behörden an systemtreue und ‚arische' Siedler, 18 ha davon bekam der sogenannte Ortsbauernführer Hinrich Ladiges, weitere 18 ha Raubgut entfielen an die Hansestadt Hamburg. 1956 wurde die Erbengemeinschaft von der Wiedergutmachungsbehörde in Hamburg dafür mit ca. 5000 DM entschädigt, mit dem Argument, die Akten seien verschollen, man könne nicht mehr alles überprüfen. Im Stadtteil selbst wurde darüber Stillschweigen bewahrt, obwohl zumindest die Familien der Nutznießer davon Kenntnis gehabt haben müssen.


Max und Gertrud Bondy gründeten in den USA wieder eine Reformschule, die Windsor Mountain School. Ihre Tochter Annemarie Roeper trat in ihre Fußstapfen, wurde Erziehungswissenschaftlerin, setzte sich unter anderem für die Hochbegabtenförderung ein und gründete die Roeper School. Die Verfolgung in Lüneburg, ihre Flucht aus Nazi-Deutschland gemeinsam mit ihrem Bruder und ihren Eltern, hat sie kurz vor ihrem Tod in ihrem Buch ‚A Daughter's Reflections' ergreifend beschrieben. Ihren Kindern erzählte sie auch immer wieder von den Immobilien in Lurup, die der Familie geraubt worden waren. Weder sie noch andere Familienmitglieder waren je in Lurup gewesen.

 

v. links nach rechts: Rosa Ludwigsen von der Halstenbeker Frauen-Geschichtswerkstatt, Conny Mertens von den Grünen Eimsbüttel, Tom Roeper und Wolfgang Seibert von der jüdischen Gemeinde Pinneberg

 


Tom Roeper und Günther Wilke vor den Redaktionsräumen der Luruper Nachrichten

Leider verstarb Annemarie Roeper, bevor ich meine Rechercheergebnisse über die Arisierungen in Lurup veröffentlichen konnte. Vor wenigen Wochen nun hat ihr Sohn, Prof. Tom Roeper, erstmalig Lurup besuchen können. Es war für mich eine sehr ergreifende Begegnung.


Tom Roeper konnte ich, unterstützt durch Günther Wilke von den Luruper Nachrichten, auf einer Rundfahrt durch Lurup zeigen, wo jene Immobilien gewesen waren, die einst der Erbengemeinschaft Bondy gehört hatten, darunter Gebiete zwischen Jevenstedter Straße, Kleiberweg und der Randowstraße. Mit Schrecken hat Herr Roeper auf meine Vermutung reagiert, dass Teile der Immobilien seiner Vorfahren für den Bau des Außenlager des KZ Neuengamme und/oder der Zwangsarbeiterlager im Friedrichshulder Weg benutzt worden sein könnten, zumindest lässt die Lage auf einem Plan der Baubehörde von 1939 diesen Schluss zu, wenngleich mir auch die endgültigen Belege fehlen. Wir hatten das große Glück, eine der Villen seines Urgroßvaters in der Jungmannstraße von innen besichtigen zu dürfen. Tom Roeper war tief berührt, hatte doch seine Mutter Annemarie Roeper ihm viel von ihren Erinnerungen an diese Villen erzählt, die Salomon Bondy von den Gebrüdern Gersons erbauen ließ.
Viele Fragen hatten Rosa Ludwigsen von der Halstenbeker Frauen-Geschichtswerkstatt, Conny Mertens von den Grünen Eimsbüttel und Wolfgang Seibert von der jüdischen Gemeinde Pinneberg bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken in meinem Garten an Tom Roeper. Sehr bewegend war eine Rede von Conny Mertens, in der sie sich für die Übergriffe ihres Großvaters auf die Familie Bondy in Lüneburg entschuldigte. Als eine Geste der Versöhnung hoffen beide, Conny Mertens und Tom Roeper, dass ihre Enkelkinder einst einander kennen lernen mögen, wenn sie denn wollen. Conny Mertens hat ihre Rede auf ihrem blog veröffentlicht:

http://www.cornelia-mertens.de/?p=14594

Ich hoffe sehr, dass noch weitere Begegnungen möglich sein werden, dass auch andere Mitglieder der Familien Bondy und Roeper Lurup besuchen werden, vielleicht mit der Unterstützung von offizieller Seite. Es wäre schön, wenn nicht allein Conny Mertens Worte der Entschuldigung und des Bedauerns finden könnte.


© Anke Schulz 03.08.2014

Conny Mertens und Tom Roeper

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